Anläßlich der Vorbereitungen der Escheröder Vereine zur 1200 - Jahr – Feier in 2013 entstand im Arboretum Habichtsborn Verein der Gedanke einer Nachbildung des Waldbildes, wie es vor 1200 Jahren die Siedler am Westrand des Kaufungerwaldes (im oberen Hopbachtal) vorfanden und gestalteten.
Das Projekt wird von den Mitgliedern des Vereins und mit Unterstützung des Forstamts Münden, Niedersächsische Landesforsten) erarbeitet.
Waldgeschichtliche Untersuchungen führten zu der Erkenntnis, daß der bewirtschaftete Wald in der Region spätestens seit dem 11. Jahrhundert in einer Betriebsform gestaltet wurde, die man als „Hai-“oder „Hauwirtschaft“, seit dem 17. Jhdt. auch „Schlagholzwald“, seit dem Ausgang des 18. Jhdt. als „Mittelwald“ bezeichnet. (2).
Schubart (2) beschreibt diese Betriebsform wie folgt:
Es handelt sich dabei um den Aufbau der Waldbestände in zwei Etagen, Oberstand oder Oberholz und Unterstand oder Unterholz. Im Unterstand sollte schnellwüchsiges Holz für den erwähnten Bedarf an Reiserholz herangezogen werden. Man machte sich dabei die, …, dem Laubholz, besonders den weichen Holzarten wie Birke, Aspe, Eberesche, Linde, Hasel,Solweiden u.a. eigene Fähigkeit zunutze, bei Abhieb in jüngerem Alter wieder aus dem Stock zu schlagen, eine Fähigkeit, die unseren Nadelhölzern mit Ausnahme der Eibe ganz abgeht. Die aus dem Stock wieder ergrünenden „Loden“ wuchsen schneller auf als etwa aus Samen auflaufender Aufwuchs…..
Anders war es mit dem Oberholz, zu dem nur die zu Mast- und Bauholz geeigneten, vorwiegend harten Holzarten zugelassen werden sollten, Holzarten, die im Aufwuchs des Unterstandes fast immer einen schwierigen Stand hatten, wenn ihnen nicht nachgeholfen wurde. Dies geschah dann dadurch, daß man diese Holzarten gleich bei der ersten Hauung des Unterholzes, die schon nach 9 Jahren und noch früher erfolgte, in bestimmter Anzahl, im Mittelalter meist 10 je Waldmorgen, stehen ließ und dies bei jeder Hauuung wiederholte, um den gewünschten Bestand an Hauptbäumen (…) oder Oberholz zu erhalten.Diese Oberständer, die weiträumig auseinander standen und von Anfang an gewollt breitkronig erzogen wurden, erreichten zum Teil ein hohes Alter bis zur völligen Abständigkeit (Absterben), bei Eiche nach Jahrhunderten zählbar. |
Baumarten und deren Nutzen im Oberholz (Laßreiser) und Unterstand (Allerleiholz) |
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Nutzung |
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Oberholz |
Traubeneiche |
Schweinemast, Bauholz |
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Stieleiche |
Schweinemast, Bauholz |
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Buche |
Schweinemast |
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Unterstand |
Birke |
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Holzapfel |
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Holzbirne |
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Vogelkirsche |
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Bergahorn |
Werkholz |
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Aspe |
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Winterlinde |
Zeidlerei |
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Sommerlinde |
Zeidlerei |
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Hasel |
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Salweide |
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Pulverholz |
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Hainbuche |
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Esche |
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Bergahorn |
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Spitzahorn |
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Elsbeere |
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Ulmen |
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Eberesche |
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Roterle |
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Weißdorn |
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Schwarzdorn |
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Kreuzdorn |
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Kornellkirsche |
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Hartriegel |
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Eibe |
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Ilex |
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Die Begriffe
Der Niederwald (3) - Wald aus Stockauschlägen - besteht vornehmlich aus Bäumen und Sträuchern, die sich natürlich ausbreiten und verjüngen durch Stockausschlag, Wurzelbrut, und durch natürliche Verbreitung der Samen. Neben der Waldweide und der ständigen Verwertung der Früchte, Beeren, Blättern, Wurzeln und Rinden sowie der Kräuter und Pilze erfolgte die Nutzung der Holzprodukte (vornehmlich Brennholz, Köhlerei, Salinen, Werkholz,) periodisch alle 9 – 12 Jahre durch Abhieb auf ganzer Teilfläche, wonach eine Schonphase von mindestens 5 Jahren erforderlich war, in der der Verbiß durch Weidevieh ausgeschlossen wurde und die Verjüngung aufwachsen konnte.
Der Hochwald (3) – ein aus Samen hervorgegangener oder durch Pflanzung entstandener Wald – gleichförmiger und stufiger Hochwald) ist die Waldwirtschaftsform der neuzeitlichen Forstwirtschaft mit dem Ziel der nachhaltigen und hochrationellen und technisierten Gewinnung von Holzrohstoffen (Rundholz, Rohstoff für Holzwerkstoffe, Späne und Zellulose). Die bis in das 20. Jhdt. favorisierte Bewirtschaftung von gleichaltrigen Reinbeständen und Mischbeständen weniger Baumarten wird an vielen Orten gegenwärtig durch Begründung und Überführung in naturnahe Mischbestände abgelöst .
Der Mittelwald (3) – Zweischichtiger Wald mit starkem Oberholz aus vorwiegend Kernwüchsen und einer Hauschicht aus Stockausschlägen - weist im Unterstand (Allerlei-Holz) die Elemente des Niederwaldes mit den für diesen typischen Nutzungsbestimmungen und im Oberstand die als Lass-Reiser stehen gelassenenFruchtbäume (Eiche, Kirsche, Esskastanie, Apfel, Birne) auf. Das Oberholz beläßt dem Unterholz reichlich Lichtgenuß und stellt durch seine geringe Baumdichte (~ 20 Oberständer/ha) nur eine lockere Beschirmung der Fläche dar.
Was lieferte der (Mittel-)Wald den Siedlern?
Produkte |
aus dem Unterstand |
aus dem Oberstand |
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Brennholz |
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Energieholz für Salinen und Glashütten |
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Bauholz (Eiche) |
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Werkholz (Esche, Hainbuche, Linde) |
+ |
+ |
Früchte (Hasel, Vogelkirsche, Esskastanie, Äpfel), Beeren |
+ |
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Waldweide, Futter für die Tiere (Schweine,Schafe, Ziegen, Kühe) |
+ |
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Viehfutter (Schneiteln, Eichenmast) |
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Zeidlerei (Linde) |
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Gerbrinde (Eiche) |
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Bast (Linde) |
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+ |
Streu, Pilze, Waldkräuter |
+ |
+ |
Der Hochwald der Gegenwart wäre für die frühen Siedler wenig nützlich gewesen!
Der Hochwald produziert Holzrohstoff,der in seiner Dimension und Art nur mit neuzeitlichen Geräten (Einmannmotorsäge seit ~ 1950, Seilwinde) und Maschinen (Vollernter, Forwarder) geerntet werden kann. Der Buchenhochwald liefert kein geeignetes Bauholz, das den Zerstörungen durch Witterungseinfflüssen widersteht.
Das Interesse an Nebenprodukten und Nichtholzprodukten aus dem Walde wurde überwiegend ersetzt durch effektivere, landwirtschaftlich und industriell gefertigte Alternativ-Produkte (Honig der Imker, Gerbstoffe der chem. Industrie, Nahrungsmittelindustrie, moderne Landwirtschaft, Tierzucht- und Mastbetriebe.
Der artenreiche Mittelwald / Niederwald kam mit seinem Nutzungpotential den Bedürfnissen der frühen Siedler der deutschen Mittelgebirge entgegen.
Mit welchen Werkzeugen arbeiteten die Siedler im Wald?
Neben möglichen Beschreibungen historischer Arbeitstechniken und Belegstücken (in Museen und Sammlungen können bildliche Darstellungen etwa aus dem Mittelalter Aufschluß geben. Historische Holzerntegeräte und Werkzeuge wie Axt und Handsäge waren sicherlich bekannt, wenn diese auch nur geringe Effienz aufwiesen. Zur Holzernte und Bringung dienten neben der menschlichen Körperkraft die Zug- und Tragkraft der Haustiere. Holzbearbeitungs und Holzverarbeitungsgeräte wurden erst in der jüngeren Geschichte erfunden und entwickelt
Vorschlag für die 1200-Jahr-Feier:
Sammlung von allen historische Werkzeugen in Escherode, die im Wald und zur Holz-Be- und –Verarbeitung Verwendung fanden. Erstellen einer Datenbank (Gerätebeschreibung und Eigentümer).
Ziel: bei besonderen Gelegenheiten zu Demo-Zwecken das Gerät ausleihen und unter sorgfältiger Erhaltung praktisch einsetzen.
Die historische Erfassung, Wertung und Einstufung der Geräte und deren Handhabung kann im Nachgang erfolgen, um das Verständnis für den Mittelwald zu erweitern
Planung der Bewirtschaftung
Der ständige Bedarf an Waldprodukten erforderte eine Einteilung der Gesamtfläche in Teilflächen, auf denen nach jährlichem Plan die Nutzung erfolgte. Entsprechend der Zahl der Jahre der periodischen Wiederholung des Einschlags (12) waren demnach 12 Teilflächen etwa gleicher Größe eingerichtet und markiert. Dies ist eine sehr frühe Einführung nachhaltiger Bewirtschaftung (Prinzip: nur soviel nutzen, wie nachwächst!).
Das Projekt kann und will nur ein Bild einer Phase dieser Nutzungsform dastellen.
Literatur (1) Hansjörg Küster Geschichte des Waldes: von der Urzeit bis zur Gegenwart.
C.H. Beck 1998
(2) Schubart, Winfrid Die Entwicklung des Laubwaldes als Wirtschaftswald zwischen Elbe, Saale und Weser. Hannover 1966. Aus dem Walde 14, Nds. Min. f. E.L.u.F.
(3) Forstbetrieb Unteres Bürenamt: http://www.forstuba.ch.vu/
http://homepage.hispeed.ch/uehug/dienste/waldbauglossar.htm
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